Persönlichkeiten

300 Jahre Amtsantritt von Johann Sebastian Bach in Leipzig

Bachs Tod 1750, Vergessenheit und Auferstehung

Altes Bachdenkmal in Leipzig

Altes Bachdenkmal in Leipzig

Bach erfreute sich zeitlebens bester Gesundheit. Er war wohl nie ernsthaft krank. 1729 hatte er mit Unwohlsein zu kämpfen, was ihn ärgerte, denn ein Treffen mit Georg Friedrich Händel, der in Halle weilte, kam nicht zustande.

Unbefriedigend war der Zustand seiner Augen, er war kurzsichtig. Geschont hat er sich nie, schrieb bei schlechtem Licht schon in jungen Jahren Noten ab, seine Sehkraft ließ ständig nach. Das war wohl auch der Grund für das Nachlassen seiner Kompositionen ab 1740. Johann Sebastian Bach wurde von einer schmerzhaften Augenkrankheit befallen. Seine letzte Zeit scheint Bach nur noch in einem verdunkelten Zimmer verbracht zu haben. Er schuf, den Tod vor Augen, sein Werk „Vor deinen Thron tret´ ich hiermit“.

Plötzlich trat eine Besserung seines Zustandes ein, er konnte wieder ganz gut sehen und ertrug das Tageslicht. Wenige Stunden später traf ihn der Schlag, der trotz aller Sorgfalt und Kunst zweier Leipziger Ärzte nicht zu heilen war. Am 28. Juli 1750, des Abends nach einem Viertel auf 9 Uhr im 66. Jahr seines Lebens starb Bach in der Thomasschule zu Leipzig.

Gedenktafel für Das erste Grab von Johann Sebastian Bach in Leipzig

Gedenktafel für Das erste Grab von Johann Sebastian Bach in Leipzig

Die Beerdigung fand am 31. Juli 1750 morgens auf dem (Alten) Johannisfriedhof statt. Der Tod von Johann Sebastian Bach wurde allgemein betrauert, Georg Philipp Telemann würdigte seinen verstorbenen Kollegen, ein Nekrolog mit den bekanntesten Bachanekdoten erschien.

Doch Johann Sebastian Bach war weit entfernt, in die erste Reihe der Komponisten Deutschlands gestellt zu werden. Der Ruhm galt dem Orgelmeister, dem Theoretiker der Fuge – der Komponist Bach wurde nur nebenbei erwähnt. Johann Adam Hiller, ab 1789 Thomaskantor, widmete Bach in seinen „Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrter“ nur wenige Zeilen. Im späten 18. Jahrhundert hieß der große Komponist Bach mit Vornamen Emanuel. 50 Jahre nach seinem Tod war Johann Sebastian Bach in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

Im Jahre 1802 sollte sich etwas ändern. Johann Nikolaus Forkel, Universitätsmusikdirektor in Göttingen und Musikhistoriker, schrieb an einer allgemeinen Geschichte der Musik. Forkel befürchtete, vor Abschluss seines Werkes zu sterben. Er wollte alles, was er von Bachs Söhnen über ihren Vater erfahren hatte, aufschreiben und zog die Veröffentlichung dieses Kapitels vor. Die 69 Seiten, die Forkel zu Johann Sebastian Bach veröffentlichte sind von Enthusiasmus geprägt: „Die Werke, die uns Joh. Seb. Bach hinterlassen hat, sind ein unschätzbares National-Erbgut, dem kein Volk etwas ähnliches entgegensetzen kann“. Johann Nikolaus Forkel begriff als erster die Größe Bachs.

Felix Mendelssohn-Bartholdy

Felix Mendelssohn-Bartholdy

Felix Mendelssohn-Bartholdy war es schlussendlich, der die Werke von Bach wieder in das öffentliche Bewusstsein rückte. Der junge Mendelssohn war im Mai 1830 Schüler bei Carl Friedrich Zelter, der ihm die Werke von Bach näher brachte. Zelter gestatte Felix Mendelssohn-Bartholdy, die Matthäuspassion mit der Singakademie Berlin aufzuführen. 100 Jahre nach der Erstaufführung erklang die Passion 1830 – mit überwältigendem Erfolg.

In Leipzig waren es die Nachfolger Bachs im Amt, August Eberhard Müller und Johann Gottfried Schicht, die seine Werke ab 1801 wieder zu Gehör brachten. Für die Pflege der Kunst von Bach und deren dauerhafte Verankerung in der Leipziger Musikwelt war wiederum Felix Mendelssohn-Bartholdy verantwortlich.

Im August 1835 kam Felix Mendelssohn-Bartholdy nach Leipzig und gab am 4. Oktober sein erstes Konzert als Gewandhauskapellmeister und gab auch Konzerte in der Thomaskirche. Beeindruckt von seinen Erfolgen in Berlin standen die Werke Bachs bei Mendelssohn auf dem Programm und so kam der Thomaskantor zurück in das Bewusstsein der Leipzig. Felix Mendelssohn-Bartholdy initiierte das erste Denkmal für Johann Sebastian Bach in Leipzig. Das Denkmal wurde von dem Dresdner Maler Eduard Bendemann entworfen, unter Mitwirkung seiner Kollegen Ernst Rietschel und Julius Hübner weiterentwickelt, vom Bildhauer Hermann Knaur in Elbsandstein ausgeführt. Die Aufstellung erfolgte 1843, unmittelbar hinter der Thomasschule.

Gedenktafel für Johann Sebastian Bach in der Thomaskirche zu Leipzig

Gedenktafel für Johann Sebastian Bach in der Thomaskirche zu Leipzig

Am 6. August 1840 gab Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Leipziger Thomaskirche ein Orgelsolokonzert, in dem er sechs Werke Johann Sebastian Bachs spielte und das er mit eigenen Improvisationen begann und beendete. Diesem Konzert folgten die Aufführung der Matthäuspassion am 4. April 1841 und am Tag der Enthüllung des Denkmals 1843 ein Konzert mit repräsentativen Vokal- und Instrumentalwerken Bachs. Das Denkmal wurde hauptsächlich aus dem Reinerlös der drei Konzerte finanziert, den noch fehlenden Betrag schoss Mendelssohn aus seinem Privatvermögen zu.

Am 23. April 1843 wurde das älteste Denkmal für Johann Sebastian Bach weltweit feierlich enthüllt. Nach einem Konzert im Leipziger Gewandhaus, in welchem ausschließlich Werke von Johann Sebastian Bach erklangen, sang der Thomanerchor, teils verstärkt von Laienchorsängern und begleitet von einem aus Mitgliedern des Gewandhausorchesters gebildeten Bläserchor, am Denkmal erklangen zwei Choräle und Bachs Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“.

Bach-Denkmal vor der Thomaskirche in LeipzigEs sollte noch 65 Jahre dauern, bis die Stadt Leipzig die Genialität ihres einstigen Kantors und Stadtmusikdirektors in angemessener Weise zu würdigen wusste. 1908 wurde das von Carl Seffner geschaffene Bachdenkmal am Thomaskirche enthüllt.

Bereits anlässlich des 200. Geburtstages Bachs 1885 wurde in Leipzig über ein zweites Denkmal für den Thomaskantor nachgedacht. Erst nach Beginn der Umbauarbeiten der Johanniskirche 1894 und der damit verbundenen Wiederentdeckung von Bachs Grab sowie der Identifizierung von Bachs Schädel durch den Anatomen Wilhelm His, wurde der Plan konkreter. Seit 1899 tobte in Leipzig ein heftiger Streit um den Standort. Neben der Johanniskirche waren auch mehrere Standorte an der Thomaskirche und Thomasschule im Gespräch.

Der Standortstreit wurde 1906 zugunsten des Thomaskirchhofs entschieden, das dort stehende Leibnizdenkmal sollte in den Paulinerhof der Universität umgesetzt werden. 1901/1902 wurden 5.000 Goldmark aus dem Nachlass des Kaufmanns Franz Dominic Grassi für das neue Bachdenkmal entnommen. Feierlich eingeweiht am 17. Mai 1908 als Höhepunkt eines dreitägigen Bachfestes des 1875 gegründeten Leipziger Bachvereins ziert Johann Sebastian Bach seitdem den Thomaskirchhof. Heute steht das Bachdenkmal genau vor dem 1895 geschaffenen Bachfenster der Thomaskirche, das 1974 nach einer Restaurierung an seinen jetzigen Standort versetzt wurde.

Bachs Weg von Eisenach nach Leipzig 1685 bis 1723

Bach in Leipzig – 1723 bis 1750

Bachs in Leipzig heute


Quelle: Albert Schweitzer: Johann Sebastian Bach. VEB Breitkopf & Härtel Musikverlag Leipzig, 1961

Quelle:
Wolfgang Hocquél: Leipzig Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart, Passage-Verlag Leipzig, 2010

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Autor: Mirko Seidel am 20. Apr 2023 06:49, Rubrik: Persönlichkeiten, Stadt Leipzig, Kommentare per Feed RSS 2.0, Kommentar schreiben,


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