Geschichte & Geschichten
100 Jahre Altes Messegelände Leipzig
Im Jahr 1895 fand in Leipzig die erste Mustermesse der Welt statt. Die Händler brachten nun nicht mehr alle Waren zur Messe, sie brachten nur noch ein Ausstellungsstück mit, der Kunde konnte sich das anschauen, bestellen und die Ware wurde zu ihm nach Hause geliefert. Möglich geworden war das durch die industrielle Massenproduktion, die Eisenbahn und die Verbesserung des Postwesens. Der Übergang zur Mustermesse brachte in Leipzig einen neuen Gebäudetyp hervor, den Messepalast. 1893 begann der Bau des ersten Mustermessehauses der Welt, des Städtischen Kaufhauses. Bis zum 1. Weltkrieg entstanden in Leipzig über 30 solcher Messehäuser neuen Typs.
Der Platz reichte trotzdem nicht aus, zeitweise wurden auch das Alte Rathaus, die Universität und Museen genutzt. Leipzig konnte so seine Vormachtstellung im Bereich der Konsumgütermesse in Europa festigen. Zum führenden Messeplatz der Produktionsmittelindustrie wurde Leipzig mit der Technischen Messe und Baumesse, die 1918 zum ersten Mal stattfand.
Bereits 1913 fand in Leipzig die „Internationale Welt-Spezial- ausstellung für Bauen und Wohnen“ statt. Dafür erschloss die Stadt ein 400.000 m² großes Ausstellungs- gelände in der Nähe des Völker- schlachtdenkmals und der Bau der Mustersiedlung Marienbrunn begann. Die Konzeption für das Ausstellungsgelände erarbeitete das Architektenbüro Weidenbach & Tschammer. Die meisten Ausstellungsbauten waren aus Holz, außen verputzt, innen mit einem nicht entflammbaren Imprägniergewebe bespannt und wurden nach der Ausstellung wieder abgerissen. Lediglich die Betonhalle war ein massiver Bau und überstand die Zeiten bis heute. Ab 1920 fand die Technische Messe auf dem Ausstellungsgelände der Bauausstellung statt. Die immer größer werdenden Maschinen und Anlagen ließen sich in den Messe- häusern der Innenstadt nicht mehr zeigen. In drei Hallen wurden auf 14.000 m² ca. 5.000 Maschinen gezeigt. Die wirtschaftliche Ent- wicklung der 1920er Jahre ließ auch die Technische Messe und das Messegelände weiter wachsen bis zur Weltwirtschaftskrise 1929. 1928 hab es auf dem Messegelände 17 Messehallen und weitere kleine Bauten. Ein Höhepunkt war die Internationale Pelzfach-Ausstellung 1930. 1941 fand in Leipzig kriegsbedingt die letzte Mustermesse statt. Danach wurden die Hallen des Messe- geländes für Rüstungsproduktion in Form von Flugzeugbau und -wartung genutzt. Bei dem Luftangriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurden 4 Hallen total und 14 Hallen teilweise zerstört.Die erste Nachkriegsmesse fand im Mai 1946 statt, vier Hallen auf dem Messegelände konnten genutzt werden. In den Folgejahren Erweiterungen sowie Neu- und Umbauten, darunter der 1950 aus dem ehemaligen Achilleion entstandene „Sowjetische Pavillon“, die Messehalle 7 aus dem Jahr 1980, die Messehalle 22, die 1989 bis 1992 gebaut wurde und der Verwaltungsbau am Nordeingang. Daneben entstanden noch zahlreiche kleinere Bauten und Provisorien. Die Frühjahrsmesse im März 1991 war die letzte Universalmustermesse in Leipzig und damit in der Welt. Bis 1996 wurden auf dem Messegelände noch einige Fachmessen durchgeführt. 1996 wurde das Neue Messegelände im Norden der Stadt eingeweiht.
Seit 1996 erfolgt der Umbau und die Umnutzung des Alten Messegeländes. So wurde der große Komplex der Messehallen 1 bis 6 an der Prager Straße bis auf das Portal der Halle 2 abgerissen und mit einem Möbelhaus bebaut. Weiterhin wurden von den großen Messehallen die Hallen 8 und 18 abgerissen sowie zahlreiche kleinere Hallen und Ausstellungspavillons.
An der Richard-Lehmann-Straße entstand die Automeile Leipzig, am Deutschen Platz die BioCity. Die Deutsche Bundesbank nutzt einen Neubau neben der Halle 14.An den vier Eingängen zum Messe- gelände wurden 1965 vier Eingangs- tore in Form des Logos der Leipziger Messe, dem Doppel-M aufgestellt. Mit dem Bau des Verwaltungs- gebäudes verschwand das Doppel-M am Deutschen Platz.
Nach Beendigung der Nutzung des Geländes wurden auch das Tor an der Richard-Lehmann-Straße demontiert.
Gebäude auf dem Alten Messegelände
Das Achilleion, entworfen von Oskar Pusch und Carl Krämer, wurde 1923 bis 1924 als Ausstellungshalle der Mitglieder des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e. V. (VDW) gebaut und auch als Sport- palast genutzt. Das Gebäude wurde im 2. Weltkrieg stark beschädigt und danach als Sowjetischer Pavillon (Messehalle 12) wiederauf- und umgebaut. Seit 2019 werden der Kopfbau und ein Teil des Langhauses vom Stadtarchiv Leipzig genutzt.Die Messehalle 11 wurde 1924 gebaut. Der markante dreischiffige Bau mit expressionistischer Klinkerfassade und spitzbogigen Arkaden hat eine Fläche von 8.700 m². In der Halle ist seit 2003 ein Lebensmittelmarkt untergebracht.
Die Messehalle 15 wurde 1927 bis 1928 in nur vier Monaten Bauzeit errichtet. Sie ist eine 20 Meter hohe Stahlkonstruktion, die einen 100 Meter weiten Raum ohne weitere Stützen überspannt. Auf dem Dach befanden sich sieben gewaltige Binder, die das Dach hielten. Dieses Gebäude war aufgrund seiner beeindruckenden Dimensionen und seiner Wuchtigkeit eines der meistfotografierten Gebäude des Messegeländes. In nur vier Monaten wurde das Gebäude vor der Frühjahrsmesse 1928 errichtet. Eine stützenfreie Spannweite für ein Dach von 100 Metern war zuvor noch nirgendwo auf der Welt erreicht worden. Nach starken Zerstörungen im 2. Weltkrieg wurden bis 1951 nur etwa 60 Prozent der Halle wiederaufgebaut und im Innenraum Inneren Metallstützen und eine Galerie eingezogen. Nach 1990 wurde die Halle von der Stadt zunächst zum freigegeben. 2015 erwarb ein Fahrradhändler die Halle mit einer Fläche von ca. 10.000 m², der 2019 die Halle wiedereröffnete. Die Messehalle 16 wurde 1912 bis 1913 von Wilhelm Kreis für die Bauausstellung gebaut. Bekannt als Kuppelhalle oder Betonhalle hat sie ihr Vorbild im Pantheon im Rom. Heute wird die Halle für Events für bis zu 2.000 Personen und für Sendun- gen des MDR genutzt. Der Bau wird von einer Kuppel mit 30 Metern Durchmesser beherrscht, die eine 28 Meter hohe Halle überdeckt. In nur sechs Monaten Bauzeit wurden 24.000 Tonnen Beton und 400 Tonnen Stahl verbaut.Die Messehalle 17 ist die erste erhaltene Halle, die explizit für Zwecke der Technischen Messe 1920 bis 1921 erbaut wurde. Die fünfschiffige Halle steht leer.
Die 1980 eröffnete Messehalle 7 mit 8.700 m² diente nach 1990 für Fernsehsendungen und als Event- halle. Die erste Sendung von „Wetten, dass …?“ wurde in dieser Halle produ- ziert.Heute wird sie als Fußballhalle genutzt und bietet zehn Spielfelder. In der inzwischen abgerissenen Halle 6 war ein Eisstadion untergebracht. Sie war die Spielstätte der Icefighters Leipzig und hatte Platz für 2.200 Zuschauer.
Der Ende der 1980er Jahre gebaute Nordbau wird heute als Bürofläche genutzt.
Der Verein Pavillon der Hoffnung in Leipzig e.V. kaufte 2008 die Messehalle 14, die 1985 vom VEB Carl Zeiss Jena erbaut worden war, und nannte sie Pavillon der Hoffnung.
Bildnachweis:
www.alte-messe-leipzig.de/historie/
Deutsche Fotothek df_roe-neg_0006071_028; Bild 183-N0310-0003
www.geheimtipp-leipzig.de/100-jahre-alte-messe/#jp-carousel-6036
Quelle:
www.wikipedia.de
Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, Pro Leipzig, 2005
Autor: Mirko Seidel am 4. Jun 2020 16:41, Rubrik: Geschichte & Geschichten, Stadt Leipzig, Kommentare per Feed RSS 2.0, Kommentar schreiben,